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FRAKO bietet Ihnen die komplette Lösung zur Optimierung Ihres Netzes aus einer Hand und verbessert Ihre Power Quality mit aktiven und passiven Oberschwingungsfiltern, dynamischen Kompensationsanlagen und Netz-Analysatoren.

Blindstromkompensation bei Solarparks

Autor: Peter Riese

Mit der Energiewende haben sich Solarparks – „Photovoltaik-Anlagen“ oder einfach „PV-Anlagen“ genannt - in den letzten Jahrzehnten als zuverlässiger Energielieferant
etabliert. Gerade bei großen Anlagen ist die Optimierung des Gesamtwirkungsgrades ein wichtiger Aspekt, damit die erzeugte Energie nicht nur zuverlässig, sondern auch bezahl-
bar bleibt. Neben üblichen Maßnahmen an den Solarmodulen selbst, bietet die Optimierung der erzeugten Energie ein wichtiges Potential.

In Deutschland leisten die meisten Solarparks üblicherweise zwischen 1 und 20 Megawatt und unterliegen damit den technischen Richtlinien des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.: „BDEW-Richtlinien für Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz“.

Diese Richtlinie fasst seit 2008 die wesentlichen Gesichtspunkte zusammen, die beim Anschluss einer Erzeugungsanlage an das Mittelspannungsnetz des Netzbetreibers zu beachten sind.

Dazu gehört auch ein „netzgerechter“ Leistungsfaktor am Einspeisepunkt: Bei Wirkleistungsabgabe muss die Erzeugungsanlage in jedem Lastzustand mindestens mit einer Blindleistung betrieben werden können, die einem Leistungsfaktor von cos phie = 0,95 induktiv bis 0,95 kapazitiv am Netzanschlusspunkt entspricht. Ein übererregter Betrieb (kapazitiv) würde zu einer Erhöhung der Spannung, ein untererregter Betrieb (induktiv) zu einer Reduzierung der Spannung führen -> Erzeugungsanlagen helfen, die Netzspannung zu stützen.

Aufgrund unterschiedlicher Netzausbauten und Belastungszustände ergeben sich auch unterschiedliche Bedürfnisse, deshalb werden die Vorgaben von den Netzbetreibern speziell für den jeweiligen Netzabschnitt vorgeschrieben und können sich von Betreiber zu Betreiber stark unterscheiden. Die Netzbetreiber fassen hierzu ihre Vorgaben in einer Kennlinie zusammen – entweder in Abhängigkeit von der Wirkleistung als „cos phi (P)-Kennlinie“ oder der Spannung direkt, als „Q(U)-Kennlinie“. Gemäß BDEW-Richtlinie muss der jeweils geforderte Leistungsfaktor innerhalb 10 Sekunden ausgeregelt sein.

Optimierungsansatz 1:

Moderne Wechselrichter sind blindleistungsfähig und können die von den Solarmodulen gewonnene Energie gemäß den Kennlinien wandeln und entsprechend ins Netz einspeisen - allerdings ergibt sich hieraus ein gewaltiger Nachteil: Die Wechselrichter liefern Scheinleistung - also die geometrische Summe aus Wirk- und Blindleistung! Je schlechter  der notwendige Leistungsfaktor ausfällt, desto weniger „bezahlte“ Wirkleistung kann ein Wechselrichter liefern – egal ob im induktiven oder kapazitiven Bereich.

Beispiel: Bei einem vorgegebenen Leistungsfaktor von 0,95 müssen die Wechselrichter 33% der Wirkleistung als Blindleistung liefern. Wird jedoch die nötige Blindleistung von einem geeigneten Kompensationssystem bereitgestellt und die Wechselrichter mit einem Leistungsfaktor von 1 betrieben, steigt die Wirkleistungsausbeute bei der gleichen Wechselrichterscheinleistung um 5%!

Um größere Anlagen überhaupt an gegebene Mittelspannungsnetze anschließen zu können, fordern einige Netzbetreiber heute schon einen Leistungsfaktor bis zu cos ? 0,90. In diesen Fällen liegt der Blindleistungsanteil bei 48% der Wirkleistung, die Wirkleistungsausbeute kann durch bereitgestellte Blindleistung sogar um 11 % erhöht werden!

Es macht also durchaus Sinn, die Blindleistung separat zu kompensieren, sodass die Wechselrichter die maximal mögliche Wirkleistung liefern können!

Optimierungsansatz 2:

werden moderne Wechselrichter im Leerlauf (besonders nachts oder bei extremer Beschattung durch Bewölkung, Nebel, Schnee …) betrieben, wird das Netz durch die Leerlaufblindleistung aus der Summe aller Wechselrichter stark kapazitiv belastet.

Um dieses Verhalten zu unterdrücken, werden Wechselrichter in solchen Fällen oft abgeschaltet. Dadurch reduziert sich die Lebensdauer allerdings erheblich – auch hier ergibt sich durch eine separate Blindstromkompensation ein wichtiges Optimierungspotenzial.

Optimierungsansatz 3:

Die Kabelstrecken zwischen Solarpark und Mittelspannungs-Anschlusspunkt des Netzbetreibers können durchaus mehrere Kilometer betragen. Aufgrund der dicht beieinander liegenden Leiter, verhalten sich lange Erdkabel kapazitiv – Freileitungen dagegen induktiv. Pro Kilometer verlegter Erdkabelstrecke können einige kVAr kapazitive Blindleistung entstehen. Da diese Blindleistung auf dem Weg zum Solarpark entsteht und die Steuerung der Wechselrichter diese nicht sieht und deshalb auch nicht messen kann, muss diese Blindleistung separat kompensiert werden.

Das Problem:

Die Vorgaben des Netzbetreibers beziehen sich auf den Verknüpfungspunkt der Anlage, das ist der oft mehrere Kilometer vom Solarpark entlegene Anschlusspunkt an der Mittelspannung des Netzbetreibers. Nicht im Solarpark, sondern am Verknüpfungspunkt selbst müssen die BDEW-Richtlinien und Vorgaben der Netzbetreiber eingehalten werden!

Die Lösung:

FRAKO hat sich vor einiger Zeit bei einem mittelgroßen Solarpark eingehend mit den 3 Optimierungsansätzen beschäftigt, ein geeignetes Kompensationssystem projektiert, geliefert und in Betrieb genommen.

Daten des Solarparks:
- Anlagenleistung: 3.122 kWp
- jährlicher Ertrag: 2.849.400 kWh
- Flächengröße: 4,7 ha
- jährlicheCO2-Einsparung:1.710t
- Entfernung des Parks zum Verknüpfungspunkt: 5 km

Vorgaben des Netzbetreibers:
- bei Rückspeisung soll der Zielleistungsfaktor bei cos phi 0,95 induktiv liegen
- bei Energiebezug darf der Leistungsfaktor nie kapazitiv sein
- gemäß BDEW-Richtlinien muss innerhalb 10 Sekunden auskompensiert sein.

Durch diese Vorgaben ergibt sich die Erfordernis, tagsüber die erforderliche dynamische Blindleistung des gesamten Solarparks zuzüglich der Kabelkapazität, sowie nachts die Leerlaufblindleistung der Wechselrichter, inklusive der Kabelkapazität zu kompensieren.

Ermittelte Blindleistungen:
1.) Die erforderliche Blindleistung durch die Umstellung der Wechselrichter auf
cos phi =1 beträgt insgesamt 950 kVAr induktiv (ca. 1/3 der Wirkleistung).
2.) Gesamte Leerlaufblindleistung der 141 Wechselrichter: 98 kVAr kapazitiv.
3.) Kabelblindleistung bei Teil- und Volllast: 45-90 kVAr kapazitiv.

Da alle 3 Bedarfe induktive Blindleistung erforderten, wurde ein Kompensationssystem mit insgesamt 990 kVAr induktiver Blindleistung, aufgeteilt in 7 Schrankeinheiten projektiert. Das Kompensationssystem wurde mit unterschiedlich großen Stufen, bestehend aus verlustarmen Induktivitäten, Schaltgeräten und Gruppenabsicherungen aufgebaut.

Wichtig war die Erfassung und Auswertung der unterschiedlichen Blindleistungsbedarfe. Hierzu wurde eine Messung am entlegenen Verknüpfungspunkt mit einer Messung direkt im Solarpark verknüpft und an einen intelligenten Blindleistungsregler weiter gegeben, welcher die Stufen des Kompensationssystems innerhalb den vorgegebenen 10 Sekunden schaltet und dauerhaft überwacht.

Ergebnis:

Mit dem, durch das Kompensationssystem erreichten Wirkleistungsmehrertrag konnte sich das gesamte System bereits nach 1,8 Jahren amortisieren und fortan den Ertrag des Solarparks um 5% steigern.

November 2018